Olivier Mboma zeigt neue Arbeiten und einen Querschnitt verschiedener Serien zum Kunstkiez im Ölberg-Hub.
Vor einem leuchtend violetten Hintergrund sitzt eine Figur in blütenweißem Gewand, ein starker Kontrast zur dunklen Hautfarbe. Doch etwas irritiert an diesem scheinbar harmlosen Porträt: Die Figur trägt eine groteske Maske, bleckt die Zähne, die Haare stehen wild vom Kopf ab, die Augen sind weit aufgerissen. Daneben das ruhige Bild einer jungen Frau, die hinter einem Kleinkind sitzt. Die Frau ist farblich, das Kind in schwarz-weiss gemalt. Ihr zartes Gesicht ist zuversichtlich auf den Betrachter gerichtet. Beide Porträts bilden einen starken Kontrast. „Man kann der schwarzen Maske, die auf einen projiziert wird, nicht entfliehen. Die Maske ist gruselig, ja, aber stellt euch vor, es gibt Menschen in unserer Gesellschaft, die diese Zustände erleben müssen, sei es als Frau oder als Mensch mit Migrationshintergrund, einfach nicht ernst genommen werden, eine Qualifikation aberkannt bekommen.“ Olivier Mbomas Malerei ist gesellschaftskritisch, aber keine „afrikanische Kunst“, wie er betont. Sie ist figurativ und expressiv, farblich überbordend. Und warum ist das Kind dann schwarz-weiss? Mboma erzählt von seiner Arbeit als Kinderarzt, was sein Kindheitstraum war, von der Freude, in der Mittagspause schnell zu skizzieren, wie ein Elternteil sein Kind hält. „Die Geschichte der Kinder ist noch nicht geschrieben, und ich als Künstler möchte nicht die Richtung vorgeben, die das Kind durch Erziehung und Schule beschreiten wird. Es ist noch unberührt, unbeschrieben.“ Sein stetes Verlangen, auf Missstände hinzuweisen bricht Mboma mit diesen freundlichen Bildern. Sie kommen sehr gut an; doch ihn beschleicht das Gefühl, nur ein unvollständiges Werk zu zeigen, weil „die Maske fehlt“. Und genau dieses Thema, das Ausloten zwischen Anpassung und dem sich-selbst-treu-bleiben, macht seine Malerei so spannend. Die Figuren seiner Bilder sind dabei gar nicht unbedingt real, als Vorlagen mischt er alte Fotografien, die von Verwandten per WhatsApp geschickt werden mit Bildern, die er in Archiven findet oder von älteren Fotografen aus Dörfern im Kongo geschenkt bekommt. Für manche Visionen bittet er seine Cousine, ihm Modell zu stehen, um die Lichtverhältnisse auszuloten. Manche Skizzen aus dem Arzt-Alltag warten monatelang auf ihren Einsatz, bis Mboma oft aus dem Bauch heraus entscheidet, dass diese Personen, diese Farbkombination, nun wie in einer Collage zusammengeschnipselt werden können. „Ich möchte eine neue Geschichte erzählen, die wie Fotos wirkt, diese nostalgische Wärme der Fotostorys aus den 90er Jahren, das Hinfiebern auf den noch zu entwickelnden Film und die Erzählung beim Anblick der Bilder: Weißt du noch, damals bei der Tante in Brüssel?“ Als große Inspiration nennt er Gustav Klimt, Jean-Michel Basquiat und Egon Schiele. Von Letzterem habe er übernommen, die Hände tendenziell groß zu malen. Hände, die abgenutzt sind von der vielen Arbeit, Hände von Frauen, deren Arbeit oft untergeht. Aber auch den Männern gilt sein Respekt: Er findest es spannend, bei seiner Arbeit die Interaktion von Kindern und Eltern zu erleben und es erfüllt ihn mit großer Freude, zu sehen, dass Männer aus dem klassischen Rollenklischee ausbrechen und in ihrer Vaterrolle neu aufgehen. Und da ist es dann wieder: Das große Thema Familie und Gesellschaft.
Zur Person:
Olivier Mboma wurde 1990 in Kinshasa/Kongo geboren. Die Familie emigrierte in den frühen 90er Jahren aufgrund politischer Wirren nach Europa. Aufgewachsen in Wuppertal, nach dem Abitur Medizin-Studium in Brüssel. Nach jahrelanger Tätigkeit in einer Kinderarztpraxis pausierte er ein Jahr lang seine Tätigkeit als Arzt um sich künstlerisch zu entfalten und den Spagat zwischen Arbeit und Kunst auszuloten. Er arbeitet aktuell als Kinderarzt in einem Klinikum in Essen und hat ein Atelier in Wuppertal. Die Ausstellung im Ölberg-hub ist nach der Vernissage am Donnerstag immer Dienstag und Donnerstag von 16.30 bis 18.30 Uhr und zu den Veranstaltungen sowie nach Absprache zu sehen.
Text und Foto: Ilka Jaroch